Zum dritten Mal hat die jährliche Tagung des Stuttgarter Non-Profit-Forums nun stattge­funden. Die Idee – ein Forum für verant­wortliche Entscheider von Non-Profit-Organisationen und deren Berater zu gründen – kommt an.

Gudrun Binz-Fietkau eröffnet im Namen aller Organi­satoren die dies­jährige Tagung im Haus der Wirtschaft und weist auf das für Stuttgarter bedeutsame Datum hin: Es ist der 7. November 2019 – 0711. „Wir hoffen nun mit dieser Glücks­zahl den richtigen Donnerstag im Jahr für die jähr­liche Tagung gefunden zu haben“, so der Wunsch von Gudrun Binz-Fietkau. Neben den bewährten Panels: „Organisation“ und „Recht und Steuern“ widmet sich die Tagung auf viel­fachen Wunsch erstmals einem geschlossenen Themen­bereich: „Crowd­funding“ – eine Art Sammel­begriff für das gemeinsame Finanzieren von Projekten, das in heutiger Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Prof. Dr.-Ing. Oliver Riedel, u. a. Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeits­wirtschaft und Organisation (IAO) – ebenfalls einer Non-Profit-Organisation, wie er gleich zu Beginn feststellt – animiert alle Teil­nehmer des Forums zum Mit­wirken: in seinem Impuls­vortrag „Vordenken für die Themen der Zukunft“, darf mit dem Smart­phone an interaktiven Umfragen teilge­nommen werden – ein technisches High­light, welches das zentrale Thema seines Vortrags in den Mitte­lpunkt rückt: die fort­schreitende Digitalisierung. Industrielle Revolution ist kein neues Phänomen und sei laut Riedel auch nicht der Untergang – lediglich ein Wandel – der Arbeits­welt. Künstliche Intelligenz stehe nicht in Konkurrenz zum Menschen, sondern könne Prozesse effektiv optimieren. Wichtig hierbei sei, dass Firmen sich der Innovation anpassen, die Digital­kompetenz ihrer Mitarbeiter fördern und sich den aktiv wirkenden Trends und Heraus­forderungen der Gegen­wart und Zukunft stellen.

 

„Rund um Crowd­funding“ zeigt zunächst Matthias Daberstiel, Heraus­geber des „Fundraiser Magazin“, in seinem Vortrag die Grund­lagen auf und spricht über unter­schiedliche Erscheinungs­formen von Crowd­funding, Crowd­lending und Crowd­investing. Unter der Überschrift „Was kann man neben recht­lichen und steuer­lichen Themen sonst noch falsch machen?“ wies er auf die konkrete Ziel­gruppe von Crowd­funding im Allgemeinen, nämlich 30- bis 50-jährige Personen, und des einzelnen Projekts im Besonderen hin. Er betonte, ohne Social Media gehe es aus seiner Sicht nicht – gleich­zeitig sei es wichtig, nicht bloß um Geld zu werben, sondern es müsse gerade auch um Personen, Persönlich­keiten und Anliegen gehen, damit Emotionen und Begeisterung gerade für dieses Projekt geweckt werden. Dies müsse nicht aufwendig sein oder viel Geld kosten. Ein aktives Gestalten der Kommunikation nach Einstellen eines Projekts auf einer seriösen Crowd­funding-Platt­form sei dabei aber grund­legend.

 

Anschließend behandeln Rechts­anwalt Dr. Jan-David Jansing und Rechts­anwältin Anne Lilli Breitkreutz (beide VOELKER & Partner, Reutlingen) bank(aufsichts)­rechtliche Aspekte zum Crowd­funding. Bei diesem, aus rechtlicher Sicht relativ jungem Phänomen, sei der juristische Diskurs noch nicht abgeschlossen und daher noch Vieles offen. Manche von Herrn Daberstiel aufge­zeigten Erscheinungs­formen müssten (zivil-)rechtlich auch ein wenig anders beurteilt werden. Wegen der Eigen­schaft als (erlaubnis­pflichtiger) Kredit­vergabe seien beim Crowd­lending in der Regel Banken zwischen­geschaltet. Das Crowd­investing werde durch Nachrang­darlehen einer Unternehmens­beteiligung – je nach konkreter Abfassung der Verträge – ausgestaltet. Es folgten Ausführungen zur Frage der Notwendig­keit und des Inhalts der Banken­aufsicht für die Fälle, dass auf einer Crowdfunding-Plattform um Geld geworben wird, für die Gründung einer eigenen Platt­form und für Crowd­funding ohne Platt­form im Internet. Abschließend stellten sie fest, dass bei entsprechenden Projekten fach­kundige Beratung gesucht werden sollte.

 

Frau Dr. Ute Geisenberger, Richterin am Finanz­gericht Baden-Württemberg (Außen­stelle Freiburg), beleuchtet abschließend steuer­rechtliche Rahmen­bedingungen insb. beim klassischen Crowd­funding. Für das Bestehen einer Steuer­pflichtigkeit sei ein wesentliches Kriterium, ob es eine Gegen­leistung gebe. Schon die Namens­nennung könne eine Gegen­leistung sein. Im Steuer­recht gäbe es leider nur die „Null oder Eins Lösung“, d.h. entweder handle es sich um eine Gegen­leistung oder um eine Spende. Vom Bundesfinanz­ministerium seien hierzu keine genauen Grenzen dafür vorgegeben, wann z.B. eine Namens­nennung eine Gegen­leistung darstelle und wann nicht. Für die Crowdfunding-/Spenden-/Sponsoring-Praxis sei das sehr sub­optimal und genauere Vorgaben des Bundesfinanz­ministeriums oder des Gesetz­gebers wären aus ihrer Sicht wünschens­wert, um hier zu Rechts­sicherheit oder zumindest zu besseren Leit­linien zu kommen.“

 

Für viel Gesprächs­stoff sorgt in diesem Jahr Kevin Perseis, Vorstand des bayrischen Fußball­vereins KFF Mettenheim. Er beleuchtet das Thema „Umgang mit Wissen und Intellektuellem Kapital“ anhand eines praktischen Beispiels – der erfolg­reichen Entwicklung seines Vereins. Dabei zeigt er auf, wie Wissens­bilanz, Balanced Scorecard, Prozess­landkarte, Check­listen, Kompetenz­entwicklungs­programme und Notfall­pläne eine gut dokumentierte Wissens­basis für die viel­fältigen Aufgaben des Vereins bilden.

 

Dr. Manfred Bornemann, Geschäfts­führender Gesellschafter der Intangible Assets Consulting GmbH, hatte den Forums­teilnehmern zuvor in seinem Vortrag die laufende Studie zum „Status des Intellektuellen Kapitals in Non-Profit-Organisationen“ näher­gebracht. Je systematischer sich NPOs mit ihrem Intellektuellen Kapital befassen, desto erfolg­reicher seien sie auch bei der Zieler­reichung.

Im „World Café“ werden zudem einzelne Themen aus der Studie in einer gemeinsamen Diskussions­runde zwischen Rednern und Forums­teilnehmern vertieft. Herr Prof. Alfred Katzenbach initiiert die Diskussion mit der These, dass die Kultur von starken Personen dominant geprägt werde und daraus Verstein­erungen entstehen können. Die Gruppe ist sich einig, dass für Fragen zur Führung, Organisations­kultur und Kommuni­kation mit Netzwerk­partnern in NPOs hoch­gradig spezifische Antworten gefunden werden müssen. Prof Dr. Sandra Fietkau weist in der Diskussions­runde und in ihrem Vortrag auf die Wichtig­keit von Diversität und der Inklusion als Chance für die Organisations­entwicklung hin.

 

Neben weiteren interessanten Vorträgen bieten die Vortrags­pausen und das abschließende Netzwerk-Café eine gute Gelegen­heit zum Aus­tausch und Netz­werken. Auch im nächsten Jahr wird das Stuttgarter Non-Profit-Forum wieder am ersten Donnerstag im November, am 5.11.2020, stattfinden.

Dr. Manfred Bornemann zum Thema „Aktivierung Intellektuelles Kapital in Non-Profit-Organisationen. Wie aus Potentialen Ergebnisse werden.“

Kevin Perseis beschreibt den Umgang mit Wissen und Intellek­tuellem Kapital anhand des Fall­beispiels KFF Mettenheim.

In den Pausen und beim Netzwerk-Café haben die Teil­nehmer eine gute Gelegen­heit zum direkten Austausch und Netz­werken.

Dr. Ute Geisenberger, Richterin am Finanz­gericht Freiburg, klärt über die steuer­rechtlichen Rahmen­bedingungen des Crowd­funding auf.

Prof. Gerhard Geckle von der Kanzlei Dr. Stilz Behrens und Partner mit seinem Vortrag zum Thema „Ehrenamt“ und Beschäftigung.

Prof. Dr. Sandra Fietkau von der evangelischen Hoch­schule Ludwigs­burg referiert über die Möglich­keiten und die Notwendig­keit von Diversität und Inklusion in Non-Profit-Organisationen.

Im „World Café“ tauschen Forums­teilnehmer und Redner ihre Thesen zu den Themen Human­kapital, Strukturen und Beziehungen aus.

Prof. Matthias Alber von der Hoch­schule Ludwigsburg referiert über die aktuelle Recht­sprechung zu NPO sowie die neue Verwaltungs­meinung aufgrund des geänderten AEAO vom 31.01.2019.

Gemeinsam mit Rechts­anwalts­kollegin Anne Lilli Breitkreutz spricht Dr. Jan-David Jansing über bank(aufsicht)rechtliche Aspekte des Themas Crowd­funding.

Volker Rieger von VOELKER & Partner spricht über gesetzliche Grund­lagen, die Zulässigkeit und die Rahmen­bedingungen von virtuellen Mitglieder­versammlungen bei Vereinen.

Pastor Dirk Glaser (Mitte), Geschäfts­führer für den internationalen Zweig Mission und Entwicklungs­hilfe und Vorstands­mitglied im Dachv­erband APCM e.V., welcher bundes­weit ca. 60 Missions­werke vertritt, bereichert die Tagung mit seiner Praxis­erfahrung.

Die finale Podiums­diskussion mit Einbe­ziehung des Plenums wird von Gudrun Binz-Fietkau moderiert.