Johannes Richter ist Diplom-Soziologe und hat viele Jahre im Bereich der politischen Bildung gegen Rechtsextremismus und für Demokratieförderungsinitiativen gearbeitet. Er beobachtet die Szene seit Jahren und hat im September 2023 die Ausbildung zum Fundraising-Manager abgeschlossen. Seitdem berät er als selbstständiger Fundraising-Berater Demokratieförderinitiativen und Projekte gegen Rechts im Aufbau von Fundraising.

In seinem Webinar ging Herr Richter zunächst auf die Erläuterung des Begriffes der Metapolitik ein. Hiermit wird eine auf Jahrzehnte angelegte Strategie umschrieben, den sogenannten „Vorpolitischen Raum“ zu besetzen. Mit dem „Vorpolitischer Raum“ sind hier gesellschaftliche Bereiche gemeint, in denen es zwar nicht in erster Linie um politische Themen geht, aber dennoch politisch relevante Themen einfließen. Vereine, Initiativen, die Nachbarschaft – eben generell dort, wo Zivilgesellschaftliche Arbeit stattfindet. Begriffe wie beispielsweise „Re-Migration“ gelangen so in den Umlauf und den Sprachgebrauch. Soziale Medien sind ebenfalls ein wichtiger Vorpolitischer Raum, der von rechten Gruppierungen bearbeitet wird.

Herr Richter erläutert die Strategie der neuen Rechten wie folgt: Bereits 2006 wurde von dem Vordenker und der Schlüsselfigur Goetz Kubitschek, eine „Beendigung des Diskurses“ gefordert, „die Beendigung der Party“[1]. Dies deuten Experten als die klare Ansage, auf die Abschaffung des demokratischen Grundgedankens und den freien und gleichen Bürgern. Ganz offen wird hier die Spaltung der Gesellschaft und eine Verrohung der Debatte gefordert. Mit den rechten Protesten 2018 kam es zum Schulterschluss zwischen den Protesten auf der Straße (u.a. Pegida), dem Kampf um die Köpfe von den neuen Rechten sowie dem um die Parlamente (AfD). Bis dahin galt eher eine strategische Distanzierung der einzelnen Gruppierungen, die aufgehoben wurde. Mitglieder der AfD sind auch zu Pegida Demonstrationen gegangen und umgekehrt. Somit vergrößert sich der Wirkungsbereich.

Wie wird mobilisiert?

  • In Printmedien (Compact, Die Kehre, Sezession…) Goetz Kubitschek ist selbst Verleger, Publizist und Geschäftsführer des Verlages Antaios Verlages.
  • Es gibt die „Gegenuni“ – eine private Bildungseinrichtung, die sich selbst Uni nennt, nicht aber als solche anerkannt ist.
  • Projekte wie „ein Prozent“: Ein 2015 gegründeter Verein, den der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft. Auf seiner Website erläutert der Verein seinen Namen: es brauche nur ein Prozent der Deutschen, um eine ausreichende Wirkmacht für seine Ziele zu entfalten. [2]

 

[1] Goetz Kubitschek 2006 in Provokation. Quelle: https://sezession.de/6174/provokation

[2] https://www.belltower.news/lexikon/ein-prozent/

 

Ein Projekt, welches sinnbildlich für die praktische Arbeit der neuen Rechten steht, ist das Netzwerk „ein Prozent“. Dieses wirbt offensiv um Spenden für rechte Projekte und oftmals auch für vermeintlich gute Zwecke. Bei Aktionen wie der Inszenierung eines Kältebus in Dresden, oder einem Weihnachtsessen für Obdachlose geht es aber in erster Linie um PR und um eine größere Bekanntheit zu erreichen. Spenden werden dann gezielt für die Unterstützung Deutscher Bedürftige eingesetzt und sollen gleichzeitig etablierte Wohlfahrtsverbände und Hilfsangebote diskreditieren.

Eine weitere Methode, um Spenden zu sammeln war die sogenannte „Münzzählmethode“. In Dresden bei Pegida Demonstrationen sollten Teilnehmer beim Verlassen eine Münze in einen Behälter werfen. So wollten die Veranstalter die Anzahl der Teilnehmenden ermitteln.

Was kann man als Person, als Gruppierung unternehmen? Laut Richter, indem man Gegenbewegungen unterstützt. Wie beispielsweise die Amadeu Antonio Stiftung.

Wie auf ihrer Website zu lesen ist[3], hat sich die Amadeu Stiftung zum Ziel gesetzt, die demokratische Zivilgesellschaft zu stärken und sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu wenden. Die Amadeu Stiftung liefert Strategien und monitort die Szene bundesweit. Bei konkreten Beratungsbedarf im Umgang mit Neonazis oder Rechten empfiehlt Richter eine Beratung durch den Bundesverband der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus  [4]

Nach der Präsentation folgte eine Frage und Diskussionsrunde der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Die erste Frage lautete, ab welcher Höhe denn eine Spende einer fraglichen Person kritisch zu werten sei. Die Antwort von Herrn Richter: „Es geht nicht darum, in welcher Höhe eine Spende eingeht, die eventuell kritisch zu werten ist, sondern vielmehr darum, ob dadurch ein Versuch unternommen wird Einfluss zu nehmen“

Eine weitere Frage war, ob man eine Spende, die man aus ethischen oder politischen Gründen nicht annehmen möchte, zurückgeben oder weiter geben darf. Hier wusste Frau Binz-Fietkau als Steuerberaterin Rat: Eine Weitergabe von Spenden muss in der Satzung festgehalten sein. Andernfalls darf man sie nicht weitergeben.

Ein wichtiger Beitrag war auch der eines Teilnehmers, dass er sich wünscht, dass mehr NPOS sich bereits pro-aktiv für Offenheit und für mehr Vielfalt einsetzen und sich gegen Rechts positionieren. Dadurch verliere man bereits an Attraktivität für solche Gruppierungen und man müsse sich nicht im Nachgang um derlei Spenden Gedanken machen.

Wir bedanken uns bei Herrn Richter für das interessante Webinar und den Austausch.

 

[3] https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/ueber-uns/

[4] https://bundesverband-mobile-beratung.de/

Mareike Grund